„Sauärgerlich“: Nur „Holzmedaille“ für die Biathleten

Die deutschen Biathlon-Männer verpassen die erhoffte Medaille in der Staffel knapp. In einem dramatischen Finale vergibt Philipp Nawrath sogar den möglichen Olympiasieg.

 

Peking (SID) Philipp Nawrath war am Boden zerstört, nachdem sich das greifbare Gold in einem dramatischen Finale in die so undankbare „Holzmedaille“ verwandelt hatte. Selbst die liebevolle Umarmung und die tröstenden Worte seines Kumpels Erik Lesser konnten den Unglücksraben der deutschen Biathlon-Staffel nicht aufmuntern. „Es tut mir so leid, echt“, murmelte Nawrath, der als Schlussläufer mit einem Fehler-Fiasko eine Medaille aus der Hand gegeben hatte, komplett niedergeschlagen im Zielraum.

Mit dem möglichen Gold vor Augen handelte sich Nawrath beim letzten Schießen eine Strafrunde ein, der große Medaillentraum des deutschen Teams platzte jäh. Lesser in seinem letzten Olympiarennen, Nawrath, Roman Rees und Benedikt Doll blieb am Ende nur der undankbare vierte Platz. Von acht Schüssen hatte Nawrath am letzten Anschlag lediglich vier getroffen. „Da nicht kaltschnäuzig zu sein, das ärgert mich schon“, sagte der 29-Jährige mit gefasster Stimme.

Die nervigen Gedankenspiele konnte Nawrath beim Showdown nicht ausblenden. „Es gehen viele Gedanken durch den Kopf“, sagte er: „Das Wissen, dass man das Ding eintüten könnte, war schon da.“ Trotz der Strafrunde kämpfte er noch verbissen mit Eduard Latipow um Bronze, war bis einen Kilometer vor dem Ziel in Schlagdistanz – aber dann musste Nawrath auch den Russen ziehen lassen.

„Es ist einfach sauärgerlich, weil das eine Riesenchance für alle war“, sagte der Bayer. Es werde schon „noch eine Weile“ dauern, sich darüber zu ärgern und „das zu verarbeiten“. In einem spektakulären Rennen in der Eiskammer von Zhangjiakou bei knackigen 16 Grad unter Null krönten sich die Norweger zum Olympiasieger vor Frankreich und Russland.

Auch für Lesser gab es damit kein Happy End, sein letztes Olympiarennen habe er sich „schon ein bisschen anders“ vorgestellt. „Aber es ist ja nicht ‚Wünsch Dir was‘, es muss alles passen“, sagte der 33-jährige Thüringer: „Wir hatten mehr als nur einen Finger an der Medaille.“

Auch Doll, der wie Rees mit nur einem Nachlader ein starkes Rennen zeigt, war geknickt. „Wir hätten heute genauso gewinnen können“, sagte Doll im ZDF: „Es gibt eben nur diese drei Medaillen. Jetzt haben wir die Holzmedaille.“

Da beim letzten Stehendschießen der überlegen führende Russe Latipow schwächelte und zweimal in die Strafrunde musste, war für Nawrath plötzlich sogar Gold greifbar. Doch unter den Verfolgern meisterte nur der Norweger Vetle Sjaastad Christiansen das letzte Schießen souverän, Einzel-Olympiasieger Quentin Fillon Maillet musste sich mit Silber begnügen.

Für die deutschen Biathleten gilt es nun, sich aufzurichten, um nach dem abschließenden Massenstart am Freitag doch noch mit einer Medaille nach Hause fliegen zu können. Nawrath habe sich aber „nichts vorzuwerfen“, betonte Doll am Ende noch einmal.

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Quelle:
2022 AFP

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